TRENDSCOUT
Nachhaltig Einrichten
Reuber Henning

Teppichdesign aus Berlin

Maßanzüge für den Boden: Die Teppiche von Reuber Henning sind voller einzigartiger Details und individuell gefertigt
Designerteppiche mit Freude am Detail
AUTORIN: Catherine Hug

Ein Besuch bei Franziska Reuber und Birgit Krah vom Teppichlabel Reuber Henning.

Etwas versteckt liegt der Showroom des Teppichlabels Reuber Henning in einem Wohngebiet in Berlin-Schöneberg. Reine Laufkundschaft verirrt sich nur selten in diese Gegend. Aber das, so Birgit Krah, sei auch nicht das Ziel des Ladengeschäfts, in denen sich die Teppiche stapeln. Besuch komme eher auf Einladung. „Das sind dann Architekt*innen und Kund*innen, die uns und unsere Arbeit schon kennen und schätzen“ erzählt sie. Auf der Suche nach einem passenden Teppich für das nächste Projekt oder das eigene Zuhause landeten meist die bei ihnen, die ihren Blick fürs Detail und die Liebe zum Handwerk teilten. Denn genau das ist es, was die nachhaltigen Teppiche von Reuber Henning ausmacht. Hergestellt werden all ihre handgeknüpften Teppiche von einer Manufaktur in Nepal, einem Handwerksbetrieb, mit dem Birgit Krah und Franziska Reuber schon seit vielen Jahren zusammenarbeiten. Der zweite Partnerbetrieb sitzt in Indien. Dort entstehen handgewebte Teppiche, zum Beispiel für die Curated Color Collection, eine monochrome Kollektion, die durch ihre einzigartige Farbwelt überzeugt und reich an farbigen Nuancen und Zwischentönen ist. Mit zeitloser Farbpalette und puristischem Design fügen sie sich nahtlos in die bestehenden Kollektionen von Reuber Henning ein. Die Muster ihrer meist mehrfarbigen Teppiche sind auf den ersten Blick einfach. Die Komplexität, die sich in dem Entwurf verbirgt, offenbart sich erst bei genauerem Hinsehen. „Wenn ein Muster zu einfach ist, verliert man schnell den Spaß dran“, so Krah. „Ist es komplexer, hält es einen gefangen, das Auge ist immer wieder überrascht, man bleibt im Gespräch. Wir machen Teppiche für den zweiten Blick, solche an denen man sich ein Leben lang erfreut.“

 

Wir machen Teppiche für den zweiten Blick, solche an denen man sich ein Leben lang erfreut.

Birgit Krah

Rund, mit Franse oder ohne: Individuell und maßgeschneidert

Im Geschäft sind die beiden mittlerweile seit mehr als 15 Jahren. Eine lange Zeit, in der sie beide Manufakturen regelmäßig besucht und viel Erfahrung in Sachen Farben, Techniken und Materialien gesammelt haben. Transparenz sei ihnen wichtig, so Franziska Reuber. Den Produktionsbetrieb in Nepal, den sie über das Fair-Trade Label fand, weist höchste Produktionsstandards auf. Doch bevor es ans Knüpfen geht, werden die Garne mit Schweizer Farben gefärbt. Weder beim Design noch in der Produktion bleibt so etwas dem Zufall überlassen. Die Teppiche selbst werden nur auf Bestellung gefertigt, auf Maß und auch schon mal in Sondermaßen. Mit Franse oder ohne, rund oder eckig, welche Farbe? „Es ist wie bei einem Maßanzug. Da möchte man ja auch die Details selber aussuchen. Da beraten wir viel“, erzählt Krah. Bis zum fertigen Ergebnis dauert es anschließend mindestens vier bis fünf Monate. Bei den handgewebten Teppichen geht es etwas schneller, vor allem bei den Einfarbigen. „Da ist es die begrenzten Anzahl der Webstühle, die die Wartezeit begründet. Wir haben viele in der Warteschlange“, ergänzt die Designerin.

Von Schurwolle bis Seide: Natürliche Materialien für einen fühlbaren Luxus

Besondere Details, die sich erst auf den zweiten, dritten oder sogar vierten Blick offenbaren, gibt es in jedem ihrer Designerteppiche zu entdecken. So wie bei den Carré Teppichen aus der Traditional Collection. Eigentlich ein einfaches Schachbrettmuster, sind es 24 unterschiedliche Farben, aus denen sich das Muster zusammensetzt. „Damit erzählen wir, was uns ausmacht und was für uns wichtig ist“, so Birgit Krah. Es sei nicht der schnelle Schuss sondern die Unperfektion, die vielen Farben oder die an beiden Enden unterschiedlich gehandhabte Franse, die dem Teppich seine einzigartige Ausstrahlung verleihen. Dazu kommen fühlbare Unterschiede, das Ergebnis einer bedachten Materialwahl und Herstellung. „Die Carrée Teppiche werden beispielsweise auf Wolle geknüpft, statt wie üblich auf Baumwolle. Die Wollkette verleiht dem Teppich eine weiche, lose Haptik. Außerdem wird er auch nicht ganz so gerade wie mit einer Baumwoll-Kette“, erklärt Franziska Reuber. Überhaupt die Materialien: Wolle, Nessel, Seide und seit Neuestem auch Kaktus kommen für die Herstellung der Designerteppiche von Reuber Henning zum Einsatz. Ausnahmslos natürliche Materialien, die einzeln oder in Kombination eine besondere Anziehungskraft ausüben. Gekonnt spielen die beiden Designerinnen mit den hochwertigen Garnen, unterschiedlichen Florhöhen, Strukturen und Glanz und zeigen so die unbegrenzten Möglichkeiten von Design auf.

 

Einzigartiges Design mit dem Blick fürs Detail

Ihre Teppiche nennt Brigit Krah Teamplayer. „Wir sind immer wieder erstaunt, wie vielseitig sie sind.“ Denn sie fügen sich in die bestehende Einrichtung und Architektur ein, ordnen sich sogar unter, wenn das erforderlich ist. Ob Muster und wenn ja wie auffällig sei letztens Endes eine Frage des persönlichen Geschmacks. Die Designs entwickeln die beiden Designerinnen mal mit der Hand und mal am Computer. Ein stetiger Austausch begleite den Entwurfsprozess und manchmal seien es auch ungewöhnliche Wege, die schlussendlich zum perfekten Ergebnis führten, erzählt Krah. So wie bei der Suche nach stimmigen Farbkombinationen für die Streifenteppiche: Anfangs stellten die Designerinnen die Farbtöne noch selber zusammen. „Aber wir haben schnell gemerkt, dass uns dabei unser eigener Geschmack in die Quere kommt“, erzählt Krah. Ein Zufallsgenerator wählt nun aus 70 Farbtönen die passenden aus. Die Designanpassung an Kundengrößen übernehmen die beiden Designerinnen per Hand. Denn auch wenn es nur Streifen sind: ohne Rapport erfordert der komplexe Entwurf jedes Mal aufs Neue viel Aufmerksamkeit, bis die Grundidee an das neue Format angepasst ist. Für Ihre neuesten Entwürfe recherchierten die beiden in Teppich-Archiven: die ab Herbst 2023 erscheinende Kollektion basiert auf alten Teppichfragmenten aus unterschiedlichen musealen Sammlungen. Mit Hilfe unterschiedlicher Knüpftechniken und einem Wolle-Seide-Gemisch arbeiteten die beiden Designerinnen die Umrisse der verschlissenen Teppiche heraus, bedienten sich ursprünglicher verwendeter Farbtöne und Muster und schufen so eine ganz eigene moderne Interpretation der Originale, die in ihren Entwürfen nun weiterleben.

 

So hält der Teppich ein Leben lang

Für die beiden Designerinnen ist der geknüpfte Teppich eher ein Möbel, als ein Textil. Weil man ihn bewohnt, eher denn als schmückendes Beiwerk einsetzt. „Teppiche sind das älteste Möbel der Welt. Ein Stuhl ist eine sehr neue Errungenschaft. Früher wurde auf Teppichen gelebt und geschlafen. Man deckte sich damit zu. Ein Teppich ist ein sehr einfach hergestelltes Produkt, dass auch immer noch genauso hergestellt wird wie früher“, führt Birgit Krah aus. Besonders empfindlich seien die geknüpften Teppiche nicht. Vielmehr robust genug, sie auch unter dem Esstisch einzusetzen. „Der Dreck lässt sich aus dem Flor fast besser raus saugen, als aus gewebten Teppichen“, rät Franziska Reuber. Mit einer professionellen Teppichreinigung lassen sich zudem hartnäckige Verschmutzungen und Flecken gut entfernen. Und selbst eine Reparatur sei bei den nepalesischen Teppichen machbar. „Das haben wir auch schon gehabt“, erzählt Reuber. „Wir heben von jedem Teppich eine Garnprobe auf, dann können unsere Produzenten nach dem Referenzgarn nochmal neu färben und es aus Nepal oder Indien hierher schicken. Die Reparatur mit dem Originalgarn übernehmen dann Experten hier vor Ort.“ So können die nachhaltig hergestellten Teppiche von Reuber Henning ein Leben lang Spaß machen.

 

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