Das heute so populäre Design der 50er- und 60erJahre war stark handwerklich geprägt. Gestalter wie Arne Jacobsen, Hans J. Wegner, Børge Mogensen, Kaare Klint oder Alvar Aalto kommen aus der Tradition des Handwerks. Erst nach ihrer Zeit begann der Boom der Möbelindustrie und der No-Name-Massenware. Heute scheint der Weg wieder zurückzuführen. Die meisten Premiumhersteller wie Walter Knoll, Fritz Hansen, Thonet, Carl Hansen, Vitra, e15, Moormann oder Riva 1920 seten verstärkt auf den Manufakturcharakter.
PERFEKTIONISTISCHE HANDARBEIT
Die zahlungskräftige Kundschaft verlangt immer öfter nach Werthaltigem mit Charakter. So, wie es Riva 1920 mit den kompromisslosen Naturholzmöbeln oder die ebenfalls auf Massivholz setzende Konkurrenz von Janua bieten. Nicht weniger kunstvoll hergestellt sind die Möbel von Zeitraum oder more aus Hamburg. In Dänemark mag Carl Hansen nicht von perfektionistischer Handarbeit lassen.
Die großen Hersteller haben jahrelang auf industrielle Massenherstellung und hohen Output gesetzt, jetzt sind Trend setzende Vorreiter. Her mit der neuen Individualität. Aber Handwerk ist teuer, und selbst in Italien sterben die „Artigiani“ allmählich aus.
Im nordhessischen Frankenberg feiert seit fast 200 Jahren eine geniale handwerkliche Innovation anhaltende Erfolge – die Bugholzmöbel von Thonet. Es fing mit der Anmeldung eines Patents zum Biegen von Bugholz in Frankreich an. Daraus entstand ein neuer Typ von Möbeln. Eine Landmarke in der Möbelindustrie.
Thonets Konsumstuhl Nr. 14 besteht aus nur sechs Teilen und würde Ikea in seiner Einfachheit alle Ehre machen. Im August 1862 erschien eine Anzeige mit der Ankündigung von „Möbeln aus gebogenem Holze“.Bis heute wird bei Thonet das mit Dampf erwärmte Holz von Hand gebogen. Die Bauhausarchitekten Mies van der Rohe und Marcel Breuer trugen später mit gebogenen Stahlrohrmöbeln zum Ruhm von Thonet bei.
Während in Deutschland das Wort Kunsthandwerk eher nach Kunstgewerbe klingt, wird es in Großbritannien großgeschrieben. So hat sich in London eine äußerst bemerkenswerte kreative Szene entwickelt. Tom Dixon, einer der bekanntesten Protagonisten, mischt handwerkliche Tradition mit der Formensprache des 21. Jahrhunderts. Der junger Kollege Lee Broom verkauft seine Kollektion mittlerweile in mehr als 40 Ländern. Tom Dixon, Lee Broom oder auch Sebastian Wrong nutzen intensiv das Handwerk und handwerkliche Techniken für ihre Entwürfe und verbinden klassische Verarbeitungsmethoden mit aktuellen Formen.
Auch klassische italienische Marken wie Cassina oder Poltrona Frau setzen auf diese Rückbesinnung. In der Cassina-Sonderedition SimonCollezione etwa verschmelzen die Hightech-Versionen mit Handarbeit.