Die gute Form
CI Magazin

zeitgemäß in Farbe

Die Idee der „guten Form“ hat das Möbeldesign des 20. Jahrhunderts entscheidend geprägt. Ursprünglich aus dem Bauhaus-Gedanken hervorgegangen, verbindet der Begriff funktionale Klarheit mit ästhetischer Zurückhaltung. Ein Ideal, das sich gegen überflüssige Ornamentik und kurzlebige Moden wendet, zugunsten zeitloser, formschöner und funktionaler Gestaltung.
CI Redaktion

Es ging darum, langlebige, nachhaltige und ehrliche Produkte zu schaffen. Ein Anspruch, der das Design des 20. Jahrhunderts maßgeblich geprägt hat und angesichts ökologischer und sozialer Herausforderungen heute aktueller denn je ist. Designklassiker wie der Barcelona Chair, die Serie 7 oder Big Mama verkörpern diese Haltung exemplarisch. Ihre Fähigkeit, über Jahrzehnte hinweg aktuell zu bleiben, basiert auf ihrer guten Form: klar, funktional, ehrlich. Die gestalterische Reduktion macht sie indes zu idealen Leinwänden für eine neue Art der Interpretation – über Farbe. Als transformierendes Element kann sie Emotionen wecken, Kontext verändern und kulturelle Relevanz herstellen. So bleibt die gute Form aktueller denn je.

Die Serie 7 bringt den Gedanken der guten Form in die organische Moderne. Jacobsen setzte auf formgepresstes Schichtholz und entwickelte mit nur wenigen Linien eine ikonische Silhouette, die sich der menschlichen Anatomie anpasst. Filigrane Leichtigkeit, Stapelbarkeit und formale Eleganz vereinen sich in einem Möbel, das schnell zu einem Kulturgut avancierte und bis heute universell einsetzbar ist – von der Kantine bis zum Museum. Hier zeigt sich die gute Form in der Synthese aus Materialinnovation und skandinavischem Humanismus: Die Form ist funktional durchdacht und gleichzeitig visuell harmonisch.
 

Der Barcelona Chair verkörpert die gute Form in ihrer monumentalsten Zurückhaltung. Entworfen 1929 für den deutschen
Pavillon auf der Weltausstellung in Barcelona, vereint er architektonische Strenge mit luxuriöser Leichtigkeit. Die klare Kreuzform des verchromten Stahlgestells trägt zwei großzügige Lederpolster – scheinbar schwebend und perfekt proportioniert. So übersetzten Mies van der Rohe und Lilly Reich den Gedanken des modernen Throns in eine reduzierte Geste.
 

USM Haller steht für die konsequente Umsetzung der guten Form als modulares System. 1963 von Fritz Haller und Paul Schärer entwickelt, ist es weniger ein Möbelstück als ein architektonisches Ordnungsprinzip – ein Baukastensystem aus verchromten Metallrohren, Verbindungskugeln und lackierten Paneelen. Reduziert auf Struktur und Funktion, erfüllt es unterschiedlichste Anforderungen: vom Sideboard bis zum Großraumbüro. Seine Klarheit, Wandelbarkeit und technische Eleganz machen es zu einem Sinnbild funktionaler Gestaltung im industriellen Zeitalter. Seine Zurückhaltung bietet Raum für Veränderung, die mit den neuen Soft Panels jetzt noch einfacher umzusetzen ist.

Mit dem Sessel Big Mama (auch bekannt als UP5/6) schlägt Gaetano Pesce eine Brücke zwischen Pop-Art, feministischem Kommentar und Design-Avantgarde. Trotz seiner verspielten, beinahe skulpturalen Form ist der Sessel streng durchdacht: Aus Polyurethanschaum gefertigt, kehrt er nach dem Auspacken automatisch in seine Form zurück – eine Hommage an industrielle Innovation, kombiniert mit inhaltlicher Tiefe. Obwohl dieser Sessel formal emotionaler wirkt als seine Vorgänger, bleibt er der guten Form verpflichtet – durch technische Raffinesse, durchdachte Ergonomie und konzeptionelle Klarheit.
 

Die LC-Serie entstand in Zusammenarbeit von Le Corbusier, Charlotte Perriand und Pierre Jeanneret und manifestiert
die radikale Abkehr vom traditionellen Polstermöbel hin zur modernen, rationalen und an die Architektur angelehnten
Formensprache. Stahlrohr, rechte Winkel und die klare Trennung zwischen tragender Struktur und gepolstertem Körper
verdeutlichen ein neues Denken: Möbel als „Wohnmaschinen“ – funktional, ehrlich, industrialisiert. Die gute Form verkörpert
die LC-Serie durch ihre Reduktion aufs Wesentliche. Perfekte Proportionen und die sichtbare Struktur stehen für
Rationalität und Objektivität – Werte, die Le Corbusier, Charlotte Perriand und Pierre Jeanneret mit dem Ideal des modernen
Lebens verbanden.
 

Die Aluminium Soft Pad Chairs von Charles und Ray Eames sind ein Paradebeispiel für die Verbindung von Komfort, Funktion und Eleganz – ganz im Sinne der guten Form. Ursprünglich 1969 für den Einsatz in modernen Arbeits- und Konferenzräumen entworfen, zeigen sie, wie technische Präzision und menschliches Maß zu einer harmonischen Einheit finden. Das sichtbare Aluminiumgestell verleiht Leichtigkeit und Struktur, während die weich gepolsterten Lederkissen visuelle Wärme und ergonomischen Halt bieten. Die klare Linienführung bleibt dabei stets präsent – sachlich, unaufgeregt, doch nie kühl.

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