Wohlfühlfaktor
Neuroästhetik

Wie Räume unsere Seele nähren

Catherine Hug

Dass der eigene intuitive Ansatz sich in vielerlei Hinsicht mit den Forschungsergebnissen im Bereich der Neuroästhetik deckt, erkannte Muuto bereits vor ein paar Jahren. 2019 gestaltete der dänische Hersteller gemeinsam mit Google, Reddymade und The Art + Minds Lab die Ausstellung „A Space for Being“, die im Rahmen des Salone del Mobile Besucher dazu einlud, die Wirkung von Design auf den eigenen Organismus zu erforschen. Inspiriert vom Forschungsgebiet der Neuroästhetik erhielten die Besucher der interaktiven Installation ein Armband, mit der körperliche und physiologische Reize gemessen wurden. Anschließend besuchten sie drei Räume mit einzigartigen Designerlebnissen, darunter Möbel, Kunstwerke, Farben, Texturen, Beleuchtung und Geräusche, die in Absprache mit dem International Arts + Mind Lab der Johns Hopkins University, Brain Science Institute, erstellt wurden. In welchem der Räume sich der jeweilige Besucher „am wohlsten“ oder „am entspanntesten“ gefühlt hatte, wurde schließlich am Ende des Besuchs aufgrund der gesammelten Daten aufgezeigt. Für Muuto und das International Arts + Mind Lab der Johns Hopkins University, Brain Science Institute war dieses Projekt der Ausgangspunkt einer weiteren Zusammenarbeit – mit dem Ziel, Umgebungen zu schaffen, die das Wohlbefinden steigern und verbessern.
 

Wie Räume unsere Seele nähren

Einen Raum nach den eigenen Vorstellungen zu gestalten und so die eigene Identität sichtbar werden zu lassen, gilt als menschliches Bedürfnis. Mehr oder weniger ausgeprägt, begleitet es die meisten Menschen schon von Kindesbeinen an. Ganz unabhängig davon, ob diese Gestaltung nach außen hin als gelungen oder gegenteilig, als schlecht wahrgenommen wird. Auch für Susan Magsamen, geschäftsführende
Direktorin des International Arts + Mind Lab an der Johns Hopkins University und Co-Direktorin des NeuroArts Blueprint gelten Kategorien wie guter und schlechter Geschmack nicht.

„Jeder Ausdruck unserer Persönlichkeit ist einzigartig und sollte respektiert werden. Unsere Vorlieben und Bedürfnisse ändern sich im Laufe der Zeit, und die Räume, in denen wir leben, sollten diese Veränderungen widerspiegeln“, erklärt die auf dem Gebiet der Neuroästhestik führende Wissenschaftlerin, die die Auswirkungen von Architektur, Kunst und Design auf unser Verhalten und unser Wohlbefinden untersucht. Jenseits persönlicher Vorlieben und damit auch jenseits unseres Empfindens für die Gestaltung, die von individueller Prägung, Erfahrung und Genetik abhängen, zeigen neueste Forschungsergebnisse, dass es durchaus universelle Gestaltungsprinzipien gibt, die unser Wohlbefinden positiv wie negativ beeinflussen. Richtig kombiniert schaffen Elemente wie Farbe, Licht und Materialien ein einheitliches harmonisches und beruhigendes Raumerlebnis – unabhängig von gängigen ästhetischen Aspekten. Schönheit, so Magsamen, liege im Auge des Betrachters, doch die Wirkung von Ästhetik auf unser Gehirn ist tiefgreifend und kann gezielt genutzt werden.

Raum für das eigene Ich

Ein Kissen, eine Pflanze oder ein Bild – wir alle bringen unsere Identität in einen Raum ein, egal wie generisch dieser ist, dessen ist sich Magsamen sicher. Dabei ist es genau ebendiese Freiheit des Selbstausdrucks, mit der zum Beispiel in Büroräumen Kreativität wie Produktivität gesteigert werden können. In vielfältig genutzten Räumen verhelfen Modularität und Flexibilität dazu, die eigene Identität zu zeigen– während im Gegenzug ein starres Gestaltungskonzept durch das Unterdrücken dieser Ausdrucksmöglichkeiten Energie raubt. Ein Faktor, der künftig nicht nur bei der Gestaltung von Büroräumen berücksichtigt werden muss.

Das Potenzial von Licht

Licht spielt eine zentrale Rolle in unserer emotionalen und physiologischen Wahrnehmung von Räumen. Aufwärts gerichtetes Licht kann Ehrfurcht erzeugen, während natürliche Lichtquellen wie Sonnenaufgänge und Sonnenuntergänge tiefe emotionale Effekte haben. Indem wir natürliche Elemente in Innenräume integrieren, unterstützen wir unseren zirkadianen Rhythmus und fühlen uns physisch und psychisch ausgeglichen, erklärt Magsamen. Dies ist besonders wichtig in Lern-und Arbeitsumgebungen, wo die richtige Lichtgestaltung die
Konzentration und das Wohlbefinden steigern kann.

Natürliche Gestaltungselemente

Holz, Erdtöne, Grünpflanzen – das Konzept des biophilen Designs, bei dem natürliche Elemente in moderne Innenräume eingebracht werden, spielt in Magsamens Forschung eine tragende Rolle. Denn der Blick auf Elemente aus der Natur, so die Forscherin, senke nachweislich den Cortisolspiegel und trage so zu unserem Wohlbefinden bei. Berücksichtigt man diesen Aspekt bei der künftige Gestaltung von Innenräumen, können heilende und regenerierende Umgebungen entstehen. Räume, in denen wir uns alle nachweislich wohlfühlen.

Ästhetische Wahrnehmung durch Haptik steigern

Neben visuellen Reizen ist auch die Haptik ein wesentlicher Bestandteil der ästhetischen Wahrnehmung. Sanfte, runde Formen werden von unseren Händen intuitiv als angenehm empfunden. Diese taktile Erfahrung geht über die visuelle Wahrnehmung hinaus und spielt eine zentrale Rolle in der Neuroästhetik. Unsere Haut, das größte Sinnesorgan, nimmt Texturen und Materialien wahr, was unsere ästhetische Erfahrung intensiviert. Insgesamt zeigt Magsamens Forschung, wie tiefgreifend die Verbindung zwischen Selbstausdruck, Ästhetik und Wohlbefinden ist  und wie sich bekannte ästhetische Elemente auf innovative Weise nutzen lassen, um Räumezu schaffen, die uns unterstützen und in denen wir
wirklich aufblühen können.

„Räume zu schaffen, die sich genau richtig anfühlen, war schon immer das, worum es bei Muuto geht. Dabei konzentrieren wir uns weniger auf einzelne Produkte und mehr darauf, eine stimmungsvolle Atmosphäre zu schaffen, die auf einer tieferen Ebene bewegt. Wir möchten dazu inspirieren, die Räume, in denen wir die meiste Zeit verbringen, bewusster zu gestalten.“
Line Brockmann Juhl
CMO bei Muuto
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